• Home
  • Blog EN
  • Blog DE
  • 4M
  • Homegrown
  • About
  • Home
  • Blog EN
  • Blog DE
  • 4M
  • Homegrown
  • About
The Future of Work & Education

ein BLOG zuR ZUKUNFT VON BILDUNG UND ARBEIT

Quo vadis europa? - Ein Entwurf

5/2/2025

0 Comments

 
Picture
The Rape of Europa by Félix Vallotton (1908)
“Die Herausforderungen für den Westen und für die liberale Demokratie sind mannigfaltig: Da sind auf der einen Seite die zerstörerische Kraft des Donald Trump und das apokalyptische Geraune der Rechtspopulisten aus unserer eigenen Mitte - und auf der anderen Seite Russland und China. Die Herausforderung durch China ist nur ein Puzzleteil in einem perfekten Sturm, der sich da zusammenzubrauen scheint. Sie ist allerdings die bisher am meisten unterschätzte.” - Kai Strittmatter in Die Neuerfindung der Diktatur: Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert. 

Quo vadis europa?

Welche Ressourcen hat Europa, um eine regenerative, integrative und attraktive System- Alternative zum obsoleten Kapitalismus des Westens und zum aufstrebenden Staatskapitalismus Chinas zu bieten?

Persönlicher Hintergrund zur Frage

Katja Hellkötter betreibt gemeinsam mit Jan Siefke seit 2015 den C-Space, einen Kreativraum und Ort der Begegnung und des Lernens, der in Berlin neue Formen von Lernen, Arbeiten und Leben entwirft. C*SPACE agiert lokal im Bezirk Pankow, europäisch als Mitglied des “European Creative Hubs Net”, und ist gleichzeitig global in Richtung Asien vernetzt.

Der Osterbesuch von Katja und Familie hat viele Themen aufgeworfen, die uns in Deutschland, Österreich und Europa insgesamt bewegen (sollten). Die gemeinsame Vergangenheit in China war in den Gesprächen wie auch schon in der Vergangenheit ein wichtiger gemeinsamer Nenner, der eine alternative Perspektive auf die Geschehnisse in Europa ermöglicht.

Zentrales Thema war die politische und wirtschaftliche Ignoranz gegenüber sozialer Innovation, die wir in unserem Handeln wiederholt wahrnehmen. Politische Akteure werden oft zu Konkurrenten, weil sie zivilgesellschaftliche Initiativen unterminieren oder kopieren und eine Veränderung von Machtgefügen blockieren. Ist politische Innovation derzeit dringlicher als technologische? Die mangelnde Einrechnung von sozialem und ökologischem Kapital in wirtschaftliche Eckdaten wie GDP führt am Markt zu einem Finanzierungsvakuum für NGOs, die sich wichtiger Themen widmen. 

“In fact, social innovation may be of greater importance and have much greater impact than any scientific or technical invention.” - Peter F. Drucker[1]

Europa auf der Suche nach einer neuen Systemidentität

Das Resultat ist ein Europa in der Krise. Die Auflösung der Extinction Rebellion, die Müdigkeit der FFF Bewegung, das politische Abdriften ins rechte Lager, die Probleme mit der Integration von Zuwanderern, sind klare Zeichen, dass bisherige Versuche der ökologischen und sozialen Krise zu begegnen, gescheitert sind.[2] Radikale Vordenker erwägen das Recht zu brechen, um einen Systemwandel zu ermöglichen.[3] Europa benötigt eine neue sinngebende Idee, die bisherige wirtschaftliche Paradigmen durchbricht und Begeisterung für ein neues Zusammenleben entfacht.

Unter dem staatskapitalistischen Druck eines ethnisch und kulturell mehr oder weniger homogenen Chinas wird die kapitalistische Demokratie des Westens herausgefordert und muß sich neu definieren, da economy of scale und autoritäre Entscheidungsmuster China im kapitalistischen Wettbewerb kurz- und mittelfristig gewinnen lassen – auch wenn langfristig der ökologische Kollaps für alle ein bitteres Ende darstellt. Wir stehen also vor einem erzwungenen Systemwandel, der sowohl Risiko als auch Chance birgt.

Kann Europa kein alternatives System entwerfen, das wirtschaftliche, soziale und ökologische Harmonie entfalten kann, so wird es mit großer Wahrscheinlichkeit von einer Kolonie der USA zu einer Kolonie Chinas. Die mittel- und langfristigen Folgen dieser Verschiebung der Leitkultur von West auf Ost sollten Inhalt einer getrennten Debatte sein. All jenen Europäern, die längere Zeit in China gelebt haben, ist jedoch klar, dass viel zu wenig Bewusstsein hierzulande herrscht, was eine Leitkultur China für Europa bedeutet.[4]

“Not to innovate is the single largest reason for the decline of existing organizations. Not to know how to manage is the single largest reason for the failure of new ventures.” - Peter F. Drucker

Realistische Utopien – vom Recht zur Pflicht[5]

Besinnen wir uns der historischen Ausgangslage, die für Europa realistische Szenarien einer Transformation ermöglicht. Fast alle europäischen Nationalstaaten haben im 19. Jahrhundert eine demokratische Verfassung erhalten, deren Fokus auf Machtverteilung liegt und die Bürgern Rechte zugesteht: Wahlrecht, Bürgerrechte, Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Frauenrechte, Kinderrechte, etc. Diese Evolution der Demokratie läßt sich bis in die europäische Antike zurückverfolgen.

Die Covid-19 Pandemie hat vor dem Hintergrund der Klimakrise eine umfassende Debatte um Bürgerpflichten getriggert, an welcher sich der deutsche Philosoph David Precht prominent beteiligt hat. Sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, wurde als moralische Pflicht des Bürgers gesehen, um in einer Ausnahmesituation die Gesundheit anderer zu bewahren. Analog zu dieser weitgehend bereits vergessenen Situation wurden andere Pflichten hinsichtlich der ökologischen und sozialen Krise diskutiert. Welchen carbon footprint darf ein Mensch haben, um nicht andere einer lebenswerten Existenz zu berauben? Welchen Beitrag muß ein Mensch zum Funktionieren von lokalen Gemeinschaften leisten? Wie hoch darf das Einkommen einer Person sein, ohne dass dadurch die Gesundheit und das Wohlbefinden vieler anderer schwer beeinträchtigt wird?[6]

Der gemeinsame Nenner dieser aktuellen Debatte ist die Schnittmenge von veränderten Rechten und Pflichten, die sich durch begrenzte natürliche Ressourcen und eine wachsende globale Bevölkerung ergeben. Das Zeitalter des Anthropozäns zeichnet sich durch einen Umstand aus, der weniger beleuchtet wird als die Konsequenz, dass der Mensch das Klima in bisher unbekanntem Ausmaß verändert: Wir leben nicht mehr in unterschiedlichen Ökosystemen, sondern sind unweigerlich Teil eines einzigen Ökosystems geworden, wodurch die gegenseitige Abhängigkeit und Verbindung sichtbar wird.

“Es ist Zeit, über Verantwortlichkeiten des Menschen zu reden.” - Helmut Schmidt[7]

Wohlergehen statt Wohlstand

Post-growth Ökonomen haben exzessiven Kapitalismus als wirtschaftliche Ausformung von moralisch haltloser Gier identifiziert und aufgezeigt, dass wir mit weniger Verbrauch natürlicher Ressourcen und weniger Arbeitszeit, gesündere und glücklichere Leben führen können. Der Schlüssel zur Etablierung eines alternativen Systems sollte demnach bei ökonomischen Anreizen liegen, die neue Lebensmodelle ermöglichen. Jason Hickel rechnet vor, dass 65% des US GDP – und damit unermesslicher Ressourcen- und Arbeitszeiteinsatz – wegfallen würden, wenn das Ziel einer Volkswirtschaft allgemeines Wohlergehen und nicht nationaler Wohlstand ist. Ein Einkommen von USD 14k wäre demnach in den USA ausreichend, um ein maximales Wohlergehen zu erlangen, während das derzeitige GDP p.c. bei USD 59k liegt.[8] Systemtransformation im Anthropozän ist demnach Klassenkampf unter neuen Prämissen.[9]

Gepaart mit den vorhersehbaren und bereits in Entfaltung befindlichen Konsequenzen von Automatisierung und maschinellem Lernen ist ein Überdenken des Konzeptes „Erwerbsarbeit“ unumgänglich. [10] Wir müssen uns auf Experimente in Modellarbeitsmärkten einlassen, die klassische Erwerbsarbeit entweder in Kombination mit sozialen und ökologischen Beitragsleistungen erfassen oder Arbeit als Teil von „extractive economies“ gänzlich verbieten. Ein umfassendes “distributed value accounting” von sozialem und ökologischen Impact einer jeden (beruflichen) Tätigkeit ist notwendig, wollen wir zerstörerisches Verhalten von regenerativem Wirken sinnvoll trennen.

“Very few events have as much impact on civilization as a change in the basic principles of organizing work.” - Peter F. Drucker 

Bedingtes vs unbedingtes Grundeinkommen

Einer der großen Vorteile Europas ist der weit verbreitete Föderalismus, der es ermöglicht in kleinen Kommunen und immer noch relativ kleinen Bundesländern diese neuen Formen von Wohlstandsverteilung auszutesten und die demokratischen Systeme des 19. Jahrhunderts in meritokratische Systeme des 21. Jahrhunderts zu transformieren. Die Vernetzung von Organisationen und Individuen, die dieses Experiment unterstützen wollen, ist jetzt dringlicher denn je: Europa braucht ein neues Modell, das durch Inklusion begeistert, aber gleichzeitig einen Beitrag fordert.

“Wenn Europa eine Person wäre, dann müsste ich doch jetzt losstürmen und für sie kämpfen. Für meine Heldin, die mir 70 Jahre Frieden verschafft hat.” - Klaus Maria Brandauer

Endnotes:
[1] The Essential Drucker, 2002
[2] https://www.mingong.org/blog-de/uber-die-natur-eines-volksfeindes
[3] https://ark.greensteps.me/library/chris-packham-is-it-time-to-break-the-law
[4] http://www.mycountryandmypeople.org/01-blog-2133823458/tiananmen-july-1st-youth-parade-a-reason-for-concern
http://www.mycountryandmypeople.org/01-blog-2133823458/thoughts-on-the-china-international-import-expo
Kai Strittmatter: Die Neuerfindung der Diktatur
[5] https://www.mingong.org/blog-en/a-lucid-manual-for-transformation-by-architect-friedrich-von-borries
[6] https://www.mingong.org/blog-en/on-failing-democracies-and-spheres-of-justice
[7] https://brennstoff.com/ausgaben/es-ist-zeit-%C3%BCber-verantwortlichkeiten-des-menschen-zu-reden/
https://www.helmut-schmidt.de/helmut-schmidt-im-ringen-um-die-idee-eines-weltethos
[8] Jason Hickel: Less Is More - How Degrowth will save the world
[9]  https://kontrast.at/andreas-kemper-interview-klasse/
https://www.darkmatteressay.org/blog/on-waging-war-and-democratic-decline
[10] https://www.mingong.org/blog-en/martin-ford-enlightened-marxist-or-apolyptic-technocrat
0 Comments



Leave a Reply.

    Archives

    December 2023
    November 2023
    September 2023
    August 2023
    July 2023
    June 2023
    March 2023
    February 2023
    November 2016
    September 2016
    August 2016
    June 2016
    May 2016

    Categories

    All
    Jonas Merian
    Klaus Beck

    RSS Feed

© 2015