27.September 2023. Eine Exkursion zu fünf Modellschulgärten in Niederösterreich zeigt auf, warum Grobmotorik-Parks nicht mit Naturerfahrung verwechselt werden dürfen; warum Primärerfahrungen wieder die Regel werden müssen; warum es keinen Weg vorbei an der Tagesschule gibt, und wir uns ideologische Auseinandersetzungen nicht mehr leisten können; und warum bessere Schulgärten nur der erste Schritt am Weg zur schulzentrierten Naturverbindung sind.
Exkursion mit der Familienland GmbH zu Modell Schulgärten in Niederösterreich. Ein gut gefüllter Bus verlässt am frühen Morgen das Landesregierungsviertel in St. Pölten, nachdem es sich die Landesrätin Teschl-Hofmeister nicht hat nehmen lassen die Delegation von Gemeindevertretern, Schulleitern und Lehrern in einer für die steilen Hierarchien des formellen Schulsystems passenden Weise zu verabschieden: „Ich wünsch euch einen schönen Tag, leider kann ich nicht mit, auf mich warten Budgetgespräche, ich würd mir auch lieber Spielplätze ansehen. Benehmt’s euch und danke fürs Kommen.“
Wir überqueren die Donau und tauchen in das Waldviertel ein, wo wir am Vormittag drei Gemeinden besuchen, deren Schulgärten mit Unterstützung der Familienland GmbH neu angelegt oder saniert wurden. Die Intention ist gut: raus aus den Klassen und mehr Möglichkeiten für die Kinder, sich zu bewegen. Die Familienland GmbH schafft allerdings einen etwas staatskapitalistisch anmutenden Rahmen: die ÖVP dominierte Landesregierung Niederösterreichs durchdringt mit ihren in gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung verpackten Angeboten den gesamten Kultur- und Bildungssektor in einer Monopolartigkeit, die für sich genommen eine Antithese von Kreativität und freier Entfaltung ist.
Die Spaltung des Landes in politische Lager ist bei dieser Veranstaltung eindeutig: ich bin der einzige Vertreter aus der sozialdemokratisch dominierten Landeshauptstadt. Alle anderen Teilnehmer sind aus Landgemeinden: nach wie vor die Hochburg der christlich-sozialen Partei und somit erste Zielgruppe einer Landesorganisation. Eines wird hierzu Orts stehts wiederholt: wer das Geld hat, hat das Sagen. Die Schulgartenprojekte der Familienland GmbH werden vom Land zu 50% mit einem Projektvolumen von maximal EUR 40k gefördert. Angeblich über 300 derartiger Projekte wurden bereits umgesetzt und man ist stolz, verschiedene Beteiligungsprozesse entworfen zu haben, um vor allem die Kinder in die Planung der neuen Schulgärten zu involvieren.
Es sind ideologische Konflikte, die die einheitliche Einführung von Tagesschulen verhindern. Während sich im sozialdemokratischen Wien Ganztages-Bildungsangebote hoher Beliebtheit erfreuen, sind diese in Niederösterreich eine seltene Ausnahme. Selbst im sozialdemokratischen St. Pölten ist das Schulwesen von der Nachmittagsbetreuung strikt getrennt. In den christlich-sozial dominierten Landgemeinden will man den Stereotyp der bäuerlichen Großfamilie nicht weiter erodieren, indem man die Kinder den Großeltern oder der zur Verfügung stehenden Mutter am Nachmittag entzieht. Aber selbst christlich-konservative Parteigänger unter den Lehrern sehen diesen Familientypus aussterben. Der Ganztagesschule, die umfassenden Naturraum-Unterricht anbietet steht nur eigentlich nur die mangelnde Transformationsfähigkeit des Schulsystems im Wege. Vielleicht brauchen wir noch eine Pandemie, um diese unumgängliche Notwendigkeit für unsere Kinder (wie auch Lehrer) zu erkennen.
Wir überqueren die Donau und tauchen in das Waldviertel ein, wo wir am Vormittag drei Gemeinden besuchen, deren Schulgärten mit Unterstützung der Familienland GmbH neu angelegt oder saniert wurden. Die Intention ist gut: raus aus den Klassen und mehr Möglichkeiten für die Kinder, sich zu bewegen. Die Familienland GmbH schafft allerdings einen etwas staatskapitalistisch anmutenden Rahmen: die ÖVP dominierte Landesregierung Niederösterreichs durchdringt mit ihren in gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung verpackten Angeboten den gesamten Kultur- und Bildungssektor in einer Monopolartigkeit, die für sich genommen eine Antithese von Kreativität und freier Entfaltung ist.
Die Spaltung des Landes in politische Lager ist bei dieser Veranstaltung eindeutig: ich bin der einzige Vertreter aus der sozialdemokratisch dominierten Landeshauptstadt. Alle anderen Teilnehmer sind aus Landgemeinden: nach wie vor die Hochburg der christlich-sozialen Partei und somit erste Zielgruppe einer Landesorganisation. Eines wird hierzu Orts stehts wiederholt: wer das Geld hat, hat das Sagen. Die Schulgartenprojekte der Familienland GmbH werden vom Land zu 50% mit einem Projektvolumen von maximal EUR 40k gefördert. Angeblich über 300 derartiger Projekte wurden bereits umgesetzt und man ist stolz, verschiedene Beteiligungsprozesse entworfen zu haben, um vor allem die Kinder in die Planung der neuen Schulgärten zu involvieren.
Es sind ideologische Konflikte, die die einheitliche Einführung von Tagesschulen verhindern. Während sich im sozialdemokratischen Wien Ganztages-Bildungsangebote hoher Beliebtheit erfreuen, sind diese in Niederösterreich eine seltene Ausnahme. Selbst im sozialdemokratischen St. Pölten ist das Schulwesen von der Nachmittagsbetreuung strikt getrennt. In den christlich-sozial dominierten Landgemeinden will man den Stereotyp der bäuerlichen Großfamilie nicht weiter erodieren, indem man die Kinder den Großeltern oder der zur Verfügung stehenden Mutter am Nachmittag entzieht. Aber selbst christlich-konservative Parteigänger unter den Lehrern sehen diesen Familientypus aussterben. Der Ganztagesschule, die umfassenden Naturraum-Unterricht anbietet steht nur eigentlich nur die mangelnde Transformationsfähigkeit des Schulsystems im Wege. Vielleicht brauchen wir noch eine Pandemie, um diese unumgängliche Notwendigkeit für unsere Kinder (wie auch Lehrer) zu erkennen.
Unser erster Halt ist Lengenfeld, wo uns der Bürgermeister an der Tür des Bildungscampus empfängt. Ein architektonisch ausgezeichnetes Projekt, welches alte Bausubstanz mit neuer gelungen verknüpft. Der kleine Schulgarten wurde während der Covid-Pandemie saniert und eröffnet. Zwei Volksschul-Klassen singen uns ein Lied und die Direktorin schildert ihre Erfahrungen.
Wie bereits bekannt, wird die Rolle des Schulwarts betont. Wer sich mit place-based education auseinandersetzt, muss früher oder später zum Schluss kommen, dass der Direktor einer Schule auch der leitende Schulwart zu sein hat, dem ein Team von Landschaftsgestaltern zuarbeiten. Die kleine Grundschule hat nur 68 Schüler, die sich über einen Garten freuen dürfen, in dem einige alte Kastanien stehen. Die Sanierung hat eine slackline, eine Kletterwand und ein Krabbelnetz gebracht. Schaukel und Rutsch hat die Schulleiterin aufgrund ihrer Erfahrung aus dem Konzept gestrichen, denn „vor und hinter der Schaukel muss ständig beaufsichtigt werden und bei der Rutsche wollen die Mädchen runter, während die Buben immer nur von untern nach oben klettern.“
Unser zweiter Halt führt uns nach St. Leonhard, wo die Mittelschule vor kurzem geschlossen wurde. Die verbleibenden jahrgangsübergreifenden Grundschulklassen bevölkern den einladenden Spielplatz neben der Schule jedoch mit lautstarker Lebendigkeit. Die Kinder machen sich an der Wasserpumpe zu schaffen und bauen einen Damm in der anschliessenden Sandkiste. Zusätzlich zu Kletterwand, Balancierbalken und Kletternetzen, gibt es hier auch eine Rutsche und einen Pavillon. Nachdem dieser Schulgarten nicht vom Dorf räumlich abgetrennt ist, wurde er generationenübergreifend entworfen. Der mit Stroh bedeckte Pavillon, lädt mit weiteren Sitzmöglichkeiten und Tauschbücherschränken dazu ein, auch nach Schulende zu verweilen.
In St. Leonhard fällt auf, dass die Schule wirklich ein Teil des Dorfes ist. Vielleicht war deshalb die Beteiligung der Eltern bei der Bepflanzung so hoch. Vandalismus, so die Antwort der Gemeindesekretärin, sei noch nie ein Problem gewesen. Im Gegenteil, man hilft zusammen, um den Garten zu erhalten. Landjugend und Bauhof haben viel Eigenleistung beigesteuert, um den Ort kindergerecht zu machen. Das wird gedankt: die Kinder haben eine 30 minütige große Pause, die sie bei jeder Witerung im Garten verbringen.
Primär- vs. Sekundärerfahrungen
Nach dem Besuch von zwei Grundschulen, erwarte ich mir beim dritten Halt in Groß Siegharts neue Einsichten. Dort wird von der Gemeinde die stattliche Summe von EUR 6 mio investiert um ein Schulzentrum zu errichten, welches Mittelschule, Sonderschule und Grundschule beherbergen wird. Der Um- und Zubau der aus den 70er Jahren stammenden Bausubstanz ist bereits fast abgeschlossen, der neue Schulgarten wird bereits seit einem Jahr von der Mittelschule benützt.
Während der Gemeindevertreter eine überlange Ansprache hält und den Schulleiter nicht zu Wort kommen läßt, befrage ich diesen nach den Benützungsverhalten der Mittelschüler. Dies würden zumeist nur in Schaukel und Hütte herumlungern, erwidert mir dieser. Die Altersgruppe sei schwer zu bewegen, aber das werde sich ändern, sobald die Grundschüler das Gebäude beziehen.
Der Schulhalter ist überrascht, daß auch in Groß Siegharts die anziehendsten Elemente das Wasser und der Sand sind. Ich erinnere mich an Richard Loevs Buch „Last Child in the Woods“, in dem er beschreibt, daß unsere Kinder immer weniger Primärerfahrungen haben. Alles wird vermittelt, auf Tafeln und whiteboards, über gedruckte und digitale Bücher, Filme, Animationen und natürlich dem Internet. Sekundärerfahrungen sind die Regel im Bildungssystem der Moderne. Primärerfahrungen sind die Ausnahme geworden.
Ein Schulgarten hat das Potenzial Primärerfahrungen wieder in den Vordergrund zu heben, doch fehlt Ingenieuren, Landschaftsgestaltern und Schulpersonal zumeist der Einblick, der für jeden Naturpädagogen nur des Hausverstands bedarf: vorgegebene, sich immer wiederholende Infrastrukturelemente, die vor allem die Grobmotorik fördern, sind nicht genug, um Kindern freies Spiel und anregende Momente innerhalb des Systems Schule zu bieten. Die industrielle Bildung der Klassenzimmer wird im Schulhof und -garten oft fortgesetzt.
Kinder benötigen Primärerfahrungen, die nicht geplant sind. Die Wasserpumpe und der Sandkasten ermöglichen dies, da Wasser und Sand sich ständig verändernde Elemente sind, die von den Kindern geformt werden können und sich nachgiebig formen lassen. Es sollte das Ziel von Schulgärten sein, derartige Interaktionen zu vermehren, anstatt dieselben Elemente als industriellen Standard immer wieder zu verwenden.
Wie bereits bekannt, wird die Rolle des Schulwarts betont. Wer sich mit place-based education auseinandersetzt, muss früher oder später zum Schluss kommen, dass der Direktor einer Schule auch der leitende Schulwart zu sein hat, dem ein Team von Landschaftsgestaltern zuarbeiten. Die kleine Grundschule hat nur 68 Schüler, die sich über einen Garten freuen dürfen, in dem einige alte Kastanien stehen. Die Sanierung hat eine slackline, eine Kletterwand und ein Krabbelnetz gebracht. Schaukel und Rutsch hat die Schulleiterin aufgrund ihrer Erfahrung aus dem Konzept gestrichen, denn „vor und hinter der Schaukel muss ständig beaufsichtigt werden und bei der Rutsche wollen die Mädchen runter, während die Buben immer nur von untern nach oben klettern.“
Unser zweiter Halt führt uns nach St. Leonhard, wo die Mittelschule vor kurzem geschlossen wurde. Die verbleibenden jahrgangsübergreifenden Grundschulklassen bevölkern den einladenden Spielplatz neben der Schule jedoch mit lautstarker Lebendigkeit. Die Kinder machen sich an der Wasserpumpe zu schaffen und bauen einen Damm in der anschliessenden Sandkiste. Zusätzlich zu Kletterwand, Balancierbalken und Kletternetzen, gibt es hier auch eine Rutsche und einen Pavillon. Nachdem dieser Schulgarten nicht vom Dorf räumlich abgetrennt ist, wurde er generationenübergreifend entworfen. Der mit Stroh bedeckte Pavillon, lädt mit weiteren Sitzmöglichkeiten und Tauschbücherschränken dazu ein, auch nach Schulende zu verweilen.
In St. Leonhard fällt auf, dass die Schule wirklich ein Teil des Dorfes ist. Vielleicht war deshalb die Beteiligung der Eltern bei der Bepflanzung so hoch. Vandalismus, so die Antwort der Gemeindesekretärin, sei noch nie ein Problem gewesen. Im Gegenteil, man hilft zusammen, um den Garten zu erhalten. Landjugend und Bauhof haben viel Eigenleistung beigesteuert, um den Ort kindergerecht zu machen. Das wird gedankt: die Kinder haben eine 30 minütige große Pause, die sie bei jeder Witerung im Garten verbringen.
Primär- vs. Sekundärerfahrungen
Nach dem Besuch von zwei Grundschulen, erwarte ich mir beim dritten Halt in Groß Siegharts neue Einsichten. Dort wird von der Gemeinde die stattliche Summe von EUR 6 mio investiert um ein Schulzentrum zu errichten, welches Mittelschule, Sonderschule und Grundschule beherbergen wird. Der Um- und Zubau der aus den 70er Jahren stammenden Bausubstanz ist bereits fast abgeschlossen, der neue Schulgarten wird bereits seit einem Jahr von der Mittelschule benützt.
Während der Gemeindevertreter eine überlange Ansprache hält und den Schulleiter nicht zu Wort kommen läßt, befrage ich diesen nach den Benützungsverhalten der Mittelschüler. Dies würden zumeist nur in Schaukel und Hütte herumlungern, erwidert mir dieser. Die Altersgruppe sei schwer zu bewegen, aber das werde sich ändern, sobald die Grundschüler das Gebäude beziehen.
Der Schulhalter ist überrascht, daß auch in Groß Siegharts die anziehendsten Elemente das Wasser und der Sand sind. Ich erinnere mich an Richard Loevs Buch „Last Child in the Woods“, in dem er beschreibt, daß unsere Kinder immer weniger Primärerfahrungen haben. Alles wird vermittelt, auf Tafeln und whiteboards, über gedruckte und digitale Bücher, Filme, Animationen und natürlich dem Internet. Sekundärerfahrungen sind die Regel im Bildungssystem der Moderne. Primärerfahrungen sind die Ausnahme geworden.
Ein Schulgarten hat das Potenzial Primärerfahrungen wieder in den Vordergrund zu heben, doch fehlt Ingenieuren, Landschaftsgestaltern und Schulpersonal zumeist der Einblick, der für jeden Naturpädagogen nur des Hausverstands bedarf: vorgegebene, sich immer wiederholende Infrastrukturelemente, die vor allem die Grobmotorik fördern, sind nicht genug, um Kindern freies Spiel und anregende Momente innerhalb des Systems Schule zu bieten. Die industrielle Bildung der Klassenzimmer wird im Schulhof und -garten oft fortgesetzt.
Kinder benötigen Primärerfahrungen, die nicht geplant sind. Die Wasserpumpe und der Sandkasten ermöglichen dies, da Wasser und Sand sich ständig verändernde Elemente sind, die von den Kindern geformt werden können und sich nachgiebig formen lassen. Es sollte das Ziel von Schulgärten sein, derartige Interaktionen zu vermehren, anstatt dieselben Elemente als industriellen Standard immer wieder zu verwenden.
Gebaute vs. Gewachsene Infrastruktur
Wahre Freiraumgestaltung beginnt bei den Pflanzen, die wir im Schulgarten anbauen, aufziehen und über die Jahreszeiten hinweg pflegen oder dem Biotop, in dem sich bei Schulbeginn und Schulende unterschiedliche Insekten tummeln. Der Prozess des Gärtnerns schafft eine zweite Form von Infrastruktur, die sich ständig verändert. Während die Initialkosten im Vergleich zu Grobmotorik-Parks niedrig sind, muss ein organischer Garten tagtäglich gepflegt werden und die Früchte dieser Arbeits sind im wahrsten Sinne des Wortes oft erst Jahre später zu ernten.
Im Gespräch mit fünf Schulleitern, zu deren Mittagstisch ich mich geselle, kommt sofort der Einwand der Sommerbetreuung auf. Niemand würde sich über die Sommermonate finden und der Schulwart würde ohne Mehrbezahlung immer weitere Agenden übernehmen müssen. Der Schulwart scheint mit dem steigenden Interesse an Zeit im Freien, eine immer gefragtere Person zu sein, und ich scherze, dass ich mich gerne Teilzeit umschulen lasse.
Wie langweilig ein Schulgarten wirkt, der ohne durchdachte gewachsene Infrastruktur geplant wurde, zeigt das Projekt Groß Siegharts, das vom Vertreter der Gemeinde zwar hoch gelobt wird, aber zutiefst enttäuschend ist. Ein einziger Baum bietet zu wenig Schatten, den man mit Sonnendächern beheben will. Die wenigen Sträucher sind friedhofsartig zurückgestutzt. Wie sich fast 200 Schüler an diesem Standort in der Natur entfalten und wohlfühlen sollen, ist mir ein Rätsel. Der Schulleiter zeigt auf einen turnierfähigen Fussballplatz, auf dem sich wie an jeder Schule nur eine gewisse Gruppe von Schülern finden wird.
Offene vs. Geschlossene Schulgärten
Ein Problem des Standortes Groß Siegharts mag die Trennung des Schulgartens vom Rest der Markgemeinde sein, die eine fortlaufende Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen würde. Unser vierter Halt in Groß Gerungs zeigt wie ein offener Schulgarten einen Mehrwert für die Anrainer darstellt und das Mitwirken anderer gesellschaftlicher Gruppen anspornt.
Ebenfalls während der Covid-Pandemie über Videokonferenzen und emails geplant, hat die Förderung der Familienland GmbH eine kleine Bewegung ins Leben gerufen. Der Grobmotorik Park wurde von den Schülern der polytechnischen Schule mit einem selbstgebauten Freiraumklassenzimmer ergänzt. Die Landjugend hat drei Hochbeete, einige Freiluftliegen und eine Traubenhecke beigesteuert. Man spürt, dass in Groß Gerungs etwas in Bewegung geraten ist.
Die Leiterin der Mittelschule und jene der Grundschule erklären, dass Covid in Groß Gerungs einen äußerst positiven Effekt hatte, weil man in den Pausen nach und nach gezwungen war, mit den Kindern ins Freie zu gehen. Die Neugestaltung des Schulgartens hat daher einen positiven Rückenwind durch Covid erfahren und allen Beteiligten war klar, dass Kinder mehr Zeit an der Natur verbringen müssen. Wiederum wird die notwendige Unterstützung des Schulwarts sowie der fortlaufende Abgleich zwischen Schule und Bauhof für die Wartung der Infrastruktur hervorgehoben.
Ein Problem des Standortes Groß Siegharts mag die Trennung des Schulgartens vom Rest der Markgemeinde sein, die eine fortlaufende Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen würde. Unser vierter Halt in Groß Gerungs zeigt wie ein offener Schulgarten einen Mehrwert für die Anrainer darstellt und das Mitwirken anderer gesellschaftlicher Gruppen anspornt.
Ebenfalls während der Covid-Pandemie über Videokonferenzen und emails geplant, hat die Förderung der Familienland GmbH eine kleine Bewegung ins Leben gerufen. Der Grobmotorik Park wurde von den Schülern der polytechnischen Schule mit einem selbstgebauten Freiraumklassenzimmer ergänzt. Die Landjugend hat drei Hochbeete, einige Freiluftliegen und eine Traubenhecke beigesteuert. Man spürt, dass in Groß Gerungs etwas in Bewegung geraten ist.
Die Leiterin der Mittelschule und jene der Grundschule erklären, dass Covid in Groß Gerungs einen äußerst positiven Effekt hatte, weil man in den Pausen nach und nach gezwungen war, mit den Kindern ins Freie zu gehen. Die Neugestaltung des Schulgartens hat daher einen positiven Rückenwind durch Covid erfahren und allen Beteiligten war klar, dass Kinder mehr Zeit an der Natur verbringen müssen. Wiederum wird die notwendige Unterstützung des Schulwarts sowie der fortlaufende Abgleich zwischen Schule und Bauhof für die Wartung der Infrastruktur hervorgehoben.
Sind 20 Minuten Freiluft genug?
Dennoch bin ich entsetzt wie wenig Bewusstsein für das elementarste Problem unseres Bildungssystems – den Raum - herrscht. Beide Schulleiterinnen sind berechtigterweise stolz auf die rasche und unerwartet umfangreiche Umsetzung des EUR 70k Projektes, drücken aber ihre Zufriedenheit aus, dass die Kinder nunmehr 20 Minuten täglich – bei fast jeder Witterung – im Freien verbringen.
Wenn ein Mensch, dessen entwicklungspsyschologische Natur es ist, herumzulaufen, den ganzen Tag über gezwungen wird, in geschlossenen Räumen zu sitzen, dann ist es logisch, dass man sich bereits über 20 Minuten Auslauf freut. Aber die Frage die wir hier stellen müssen ist eine andere: sind 20 Minuten Freiluft genug, um gesunde, kreative und umweltbewusste Kinder zu erziehen?
Während die Aufwertung von Schulgärten und -höfen, derer sich die Familienland GmbH dankenswerterweise angenommen hat, gerade im Grundschulbereich eine unumgängliche Maßnahme darstellt, um unsere Kinder aus dem industriellen Bildungsgefängnis zu befreien und besser auf die Klimakrise vorzubereiten, ist eine Reformation der Lehrpläne und eine Integration des Raumes, der die Schule umgibt und den Überlebensraum der Kinder bildet, dringend notwendig.
Wie schreibt Maria Montessori, “the child is in need of an environment in order to develop himself. Having accepted that, the next point is, what are we to do? What sort of environment must be prepared for the child so that it may be of assistance to him?” Bereits in der 3. Und 4. Schulstufe der Grundschule sind die Kinder bereit, den Schulgarten zu verlassen, und die Umgebung zu erkunden. Es sind die Jahre der späten Primärstufe und der frühen Sekundarstufe, in denen wir in unseren Köpfen die Landschaften formen, die uns ein ganzes Leben lang begleiten werden; an denen sich unserer Eindrücke als Erwachsener orientieren und erinnern werden.
Wir haben zumindest bereits eine Generation von Menschen erzeugt, die wenig Naturraumerfahrung besitzt und den Großteil ihrer Kindheit entweder zuhause oder in der Schule zugebracht haben. Gerade bei Schülern der unteren Sekundarstufe, die eigentlich fähig wäre Allmenden und Regionen zu erforschen und positiv zu gestalten, wirkt sich das Festhalten an Lehrplänen in Kombination mit digitalem Konsum verheerend aus.
Dennoch bin ich entsetzt wie wenig Bewusstsein für das elementarste Problem unseres Bildungssystems – den Raum - herrscht. Beide Schulleiterinnen sind berechtigterweise stolz auf die rasche und unerwartet umfangreiche Umsetzung des EUR 70k Projektes, drücken aber ihre Zufriedenheit aus, dass die Kinder nunmehr 20 Minuten täglich – bei fast jeder Witterung – im Freien verbringen.
Wenn ein Mensch, dessen entwicklungspsyschologische Natur es ist, herumzulaufen, den ganzen Tag über gezwungen wird, in geschlossenen Räumen zu sitzen, dann ist es logisch, dass man sich bereits über 20 Minuten Auslauf freut. Aber die Frage die wir hier stellen müssen ist eine andere: sind 20 Minuten Freiluft genug, um gesunde, kreative und umweltbewusste Kinder zu erziehen?
Während die Aufwertung von Schulgärten und -höfen, derer sich die Familienland GmbH dankenswerterweise angenommen hat, gerade im Grundschulbereich eine unumgängliche Maßnahme darstellt, um unsere Kinder aus dem industriellen Bildungsgefängnis zu befreien und besser auf die Klimakrise vorzubereiten, ist eine Reformation der Lehrpläne und eine Integration des Raumes, der die Schule umgibt und den Überlebensraum der Kinder bildet, dringend notwendig.
Wie schreibt Maria Montessori, “the child is in need of an environment in order to develop himself. Having accepted that, the next point is, what are we to do? What sort of environment must be prepared for the child so that it may be of assistance to him?” Bereits in der 3. Und 4. Schulstufe der Grundschule sind die Kinder bereit, den Schulgarten zu verlassen, und die Umgebung zu erkunden. Es sind die Jahre der späten Primärstufe und der frühen Sekundarstufe, in denen wir in unseren Köpfen die Landschaften formen, die uns ein ganzes Leben lang begleiten werden; an denen sich unserer Eindrücke als Erwachsener orientieren und erinnern werden.
Wir haben zumindest bereits eine Generation von Menschen erzeugt, die wenig Naturraumerfahrung besitzt und den Großteil ihrer Kindheit entweder zuhause oder in der Schule zugebracht haben. Gerade bei Schülern der unteren Sekundarstufe, die eigentlich fähig wäre Allmenden und Regionen zu erforschen und positiv zu gestalten, wirkt sich das Festhalten an Lehrplänen in Kombination mit digitalem Konsum verheerend aus.
Mobile Campus 4.0 als Lösung
Der Mobile Campus 4.0 bietet eine Lösung für das Dilemma, in dem sich Schulen, Schüler und Lehrer befinden: die Beschränkung des Raumes durch Lehrplan und Haftungsfragen. Das Erfahren lokaler Ökosysteme - ausgehend vom Schulgebäude - muss ein zentrales Bildungsziel sein, wollen wir die nächste Generation auf die Klimakrise und deren Bewältigung bestens vorbereiten.
Mit der Unterstützung eines maßgeschneiderten web-apps wird die Erkundung, Erfassung und Gestaltung des erweiterten Lebensraumes zu einem Abenteuer. Vorbereitete, aber dynamisch änderbare Wanderrouten entlang der wesentlichen Naturmerkmale ermöglichen das fundierte Kennenlernen des Lebensraumes. Primärerfahrungen werden wieder die Regel, während Sekundärerfahrungen unterstützend in den Hintergrund treten.
Ökologische Intelligenz wird spielerisch gefördert, indem teilnehmende Schüler Bäume und andere Naturelemente messen, beschreiben, kartieren, über diese recherchieren, schreiben oder sich damit künstlerisch auseinandersetzen. Routenentwicklung und -ausschilderung bedarf der Zusammenarbeit im Team und schult in Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Der Mobile Campus 4.0 bietet eine Lösung für das Dilemma, in dem sich Schulen, Schüler und Lehrer befinden: die Beschränkung des Raumes durch Lehrplan und Haftungsfragen. Das Erfahren lokaler Ökosysteme - ausgehend vom Schulgebäude - muss ein zentrales Bildungsziel sein, wollen wir die nächste Generation auf die Klimakrise und deren Bewältigung bestens vorbereiten.
Mit der Unterstützung eines maßgeschneiderten web-apps wird die Erkundung, Erfassung und Gestaltung des erweiterten Lebensraumes zu einem Abenteuer. Vorbereitete, aber dynamisch änderbare Wanderrouten entlang der wesentlichen Naturmerkmale ermöglichen das fundierte Kennenlernen des Lebensraumes. Primärerfahrungen werden wieder die Regel, während Sekundärerfahrungen unterstützend in den Hintergrund treten.
Ökologische Intelligenz wird spielerisch gefördert, indem teilnehmende Schüler Bäume und andere Naturelemente messen, beschreiben, kartieren, über diese recherchieren, schreiben oder sich damit künstlerisch auseinandersetzen. Routenentwicklung und -ausschilderung bedarf der Zusammenarbeit im Team und schult in Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Schulfreiräume als Sicherheitszonen
Daß sich die Realität von Stadt- und Landkindern in Österreich nicht mehr drastisch unterscheidet, und der Mobile Campus 4.0 auch in ländlichen Gemeinden Anwendung finden wird, bestätigt unser fünfter und letzter Halt an diesem einblicksreichen Tag. Im 600 Einwohner zählenden Aggsbach empfängt uns der Vizebürgermeister auf einem etwa 1000m2 großen Grundstück, das etwa 200m von der Grundschule entfernt liegt.
Obwohl die Grundschule nur 8 Schüler zählt, wurde in Aggsbach ein EUR 45k teurer Freiraum im Jahr 2019 als erstes Projekt der Familienland GmbH gebaut. Man fragt sich, warum eine derart kleine, naturverbundene Gemeinde wie Aggsbach, das an der Donau in der schönen Wachau liegt, einen Schulfreiraum benötigt. Die Antwort geben zwei Kinder, die ich antreffe und frage, was ihnen hier am meisten Spass macht. Die Antwort ist wieder die Wasserpumpe. „Das können wir trinken, damit spritzen und spielen.“ Aber warum geht ihr nicht einfach zur Donau? will ich weiter wissen, „Weil uns unsere Eltern nicht lassen.“
Schulfreiräume wie jener in Aggsbach zeigen, dass wir unseren Kindern kein freies Spiel mehr erlauben und damit immer weniger authentische Naturerfahrung ermöglichen. Wenn wir die Entwicklung der nächsten Generation ernstnehmen, dann müssen wir den Raum, den Kinder sich erarbeiten dürfen, umfassend – über das Schulgebäude und den Schulgarten hinaus - betrachten. Wir müssen ihnen die Zeit geben, diesen Raum zu erfahren und die Freiheit, Erfahrungen selbst zu steuern. Dabei geht hin- und wieder etwas schief, keine Frage. Aber Kratzer, Beulen, Schürfwunden und ein gebrochener Arm wiegen weniger als eine von der Natur entfremdete Menschheit.
Daß sich die Realität von Stadt- und Landkindern in Österreich nicht mehr drastisch unterscheidet, und der Mobile Campus 4.0 auch in ländlichen Gemeinden Anwendung finden wird, bestätigt unser fünfter und letzter Halt an diesem einblicksreichen Tag. Im 600 Einwohner zählenden Aggsbach empfängt uns der Vizebürgermeister auf einem etwa 1000m2 großen Grundstück, das etwa 200m von der Grundschule entfernt liegt.
Obwohl die Grundschule nur 8 Schüler zählt, wurde in Aggsbach ein EUR 45k teurer Freiraum im Jahr 2019 als erstes Projekt der Familienland GmbH gebaut. Man fragt sich, warum eine derart kleine, naturverbundene Gemeinde wie Aggsbach, das an der Donau in der schönen Wachau liegt, einen Schulfreiraum benötigt. Die Antwort geben zwei Kinder, die ich antreffe und frage, was ihnen hier am meisten Spass macht. Die Antwort ist wieder die Wasserpumpe. „Das können wir trinken, damit spritzen und spielen.“ Aber warum geht ihr nicht einfach zur Donau? will ich weiter wissen, „Weil uns unsere Eltern nicht lassen.“
Schulfreiräume wie jener in Aggsbach zeigen, dass wir unseren Kindern kein freies Spiel mehr erlauben und damit immer weniger authentische Naturerfahrung ermöglichen. Wenn wir die Entwicklung der nächsten Generation ernstnehmen, dann müssen wir den Raum, den Kinder sich erarbeiten dürfen, umfassend – über das Schulgebäude und den Schulgarten hinaus - betrachten. Wir müssen ihnen die Zeit geben, diesen Raum zu erfahren und die Freiheit, Erfahrungen selbst zu steuern. Dabei geht hin- und wieder etwas schief, keine Frage. Aber Kratzer, Beulen, Schürfwunden und ein gebrochener Arm wiegen weniger als eine von der Natur entfremdete Menschheit.
Weiterlesen:
- https://en.wikipedia.org/wiki/Place-based_education
- Handbuch der LReg Oberösterreich, Wege zur Natur im Schulgarten
- Richard Louv, Last Child in the Woods
- Lia Karsten, It All Used to Be Better? Different Generations on Continuity and Change in Urban Children’s Daily Use of Space
- Richard Louv, Engaging children in Nature